Befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen des Renteneintrittsalters
Eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen des Renteneintrittsalters kann wegen „in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe“ sachlich gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen kann und die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einer konkreten, im Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung bestehenden Personalplanung des Arbeitgebers dient.
Der Kläger war langjährig bei der Beklagten beschäftigt und bezog seit Vollendung seines 65. Lebensjahres ab dem 21.01.2010 gesetzliche Altersrente. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des gesetzlichen Rentenalters. Am 22.01.2010 vereinbarten die Parteien, das Arbeitsverhältnis solle zu gleichen Bedingungen fortgesetzt werden und zum 31.12.2010 enden. Dieser Vertrag wurde mehrfach verlängert. Zuletzt sollte der Kläger zu veränderten Konditionen bis zum 31.12.2011 beschäftigt werden und eine noch einzustellende Ersatzkraft anlernen. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch Befristung zum 31.12.2011 geendet habe.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Das BAG stellte klar, dass allein der mögliche Bezug von gesetzlicher Altersrente die Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertige. Zusätzlich müsse die Befristung vielmehr einer konkreten, im Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung bestehenden Personalplanung des Arbeitgebers dienen, z.B. der Einarbeitung einer Ersatzkraft oder der Überbrückung bis zur Nachbesetzung der Stelle mit einer Ersatzkraft. Da das LAG hierzu bislang keine tatsächlichen Feststellungen getroffen habe, verwies das BAG die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
(BAG 11.02.2015 – 7 AZR 17/13)
Tipps für die Praxis:
- Eine befristete Beschäftigung von Altersrentnern erfordert regelmäßig einen Sachgrund. Eine sachgrundlose Befristung ist nicht möglich, wenn innerhalb der letzten drei Jahre bereits ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestand. Will der Arbeitgeber einen Mitarbeiter wegen seiner Eigenschaft als „Altersrentner“ befristet beschäftigen, muss er die vom BAG aufgestellten zusätzlichen Voraussetzungen beachten: Neben dem Status als Altersrentner müssen konkrete organisatorische Erwägungen der Nachwuchsplanung die Befristung rechtfertigen. Alternativ ist gerade bei Altersrentnern daran zu denken, dass auch soziale Erwägungen oder der ausdrückliche Wunsch des Mitarbeiters einen Sachgrund darstellen können. In jedem Fall sollte die konkrete bestehende Personalplanung bzw. die sozialen Erwägungen oder der ausdrückliche Wunsch des Mitarbeiters ausreichend dokumentiert werden.
- Sofern – anders als im hier entschiedenen Fall – der Arbeitsvertrag eine Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des gesetzlichen Regelrentenalters enthält, können die Arbeitsvertragsparteien gemäß § 41 S. 3 SGB VI durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben. In diesem Fall ist ein darüber hinaus bestehender Sachgrund für die Befristung nicht erforderlich. Es bestehen jedoch Zweifel, ob diese Vorschrift mit Europarecht in Einklang steht. Solange der Europäische Gerichtshof (EuGH) dies noch nicht abschließend geklärt hat, ist eine solche Befristung gem. § 41 S. 3 SGB VI daher mit Risiken verbunden.
Außerordentliche Verdachtskündigung eines Auszubildenden
Der dringende Verdacht einer schweren Pflichtverletzung kann auch in einem Ausbildungsverhältnis die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dem Auszubildenden muss vor seiner Anhörung nicht der beabsichtigte Inhalt des Gesprächs mitgeteilt werden.
Der Kläger absolvierte bei der Beklagten eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Nachdem die Beklagte im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers einen Kassenfehlbestand in Höhe von EUR 500 festgestellt hatte, blieb zunächst unklar, ob hierfür der Kläger oder einer seiner Kollegen verantwortlich war. In einem folgenden Personalgespräch nannte der Kläger von sich aus die Höhe des Fehlbetrags, obwohl er nur auf eine unbezifferte Kassendifferenz angesprochen worden war. Auch gab er zu, spielsüchtig zu sein, falsche Angaben zu Fehlzeiten gemacht und während seines Urlaubs anderweitig gearbeitet zu haben. Die Beklagte kündigte dem Kläger außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage. Unter anderem vertrat er die Auffassung, seine Anhörung sei rechtswidrig gewesen, da er nicht zuvor über den beabsichtigten Inhalt des Gesprächs informiert worden war.
Die Vorinstanzen wiesen die Kündigungsschutzklage ab. Auch die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Das BAG entschied, dass die Verdachtskündigung das Ausbildungsverhältnis beendet habe. Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden könne einen wichtigen Grund zur Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses darstellen, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht.
Das BAG betonte zwar weiterhin die Unterschiede zwischen einem Berufsausbildungsverhältnis und einem Arbeitsverhältnis, aus denen sich eine besondere Fürsorgepflicht des Ausbildenden ergebe. Nach Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls hielt es aber eine Fortsetzung der Ausbildung für objektiv unzumutbar. Auch die Anhörung des Auszubildenden habe die Beklagte ordnungsgemäß durchgeführt. Der Ausbildende müsse zwar bei Vorbereitung und Durchführung der Anhörung auf die typischerweise bestehende Unerfahrenheit des Auszubildenden Rücksicht nehmen. Eine vorherige Unterrichtung über den beabsichtigten Inhalt der Anhörung sei aber nicht erforderlich.
Allerdings könne es wegen der Rücksichtnahmepflicht des Ausbildenden geboten sein, das Gespräch von sich aus oder auf Wunsch des Auszubildenden abzubrechen und eine erneute Anhörung anzuberaumen, wenn der Auszubildende grundsätzlich zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Verdachtsmomenten bereit ist. Die Unterbrechung der Anhörung sei auch geboten, wenn der Auszubildende die Beratung mit einer Vertrauensperson verlangt. Der Ausbildende müsse den Auszubildenden jedoch nicht auf die Möglichkeit der Kontaktierung eines Rechtsanwalts oder sonstiger Vertrauenspersonen hinweisen.
(BAG 12.02.2015 – 6 AZR 845/13)
Tipps für die Praxis:
- Eine vorherige Unterrichtung über den beabsichtigten Inhalt der Anhörung eines Mitarbeiters ist regelmäßig nicht erforderlich. Ist dies schon für die besonders schutzbedürftigen Auszubildenden entbehrlich, kann für „normale“ Arbeitnehmer nichts anderes gelten.
- Eine Anhörung darf jedoch nicht unter falschem Vorwand erfolgen. Unzulässig ist es etwa, den Mitarbeiter zur Teilnahme an einem Anhörungsgespräch zu bitten unter dem Vorwand, es handele sich um ein Gespräch über die Übernahme zusätzlicher Schichten oder um ein Fachgespräch (hierzu z.B. LAG Berlin-Brandenburg 16.12.2010 – 2 Sa 2022/10und LAG Düsseldorf 25.06.2009 – 5 TaBV 87/09). Auch wenn das BAG anders als das LAG Berlin-Brandenburg (a.a.O.) eine vorherige Unterrichtung über den beabsichtigten Inhalt der Anhörung für entbehrlich hält, ergibt sich aus der vorliegenden Entscheidung u.E. nicht, dass auch eine Anhörung unter falschem Vorwand zulässig wäre.
- Dem Auszubildenden ist – ebenso sonstigen Arbeitnehmern – auf Wunsch die Zuziehung eines Rechtsanwalts für die Anhörung zu ermöglichen (vgl. BAG 13.03.2008 – 2 AZR 961/06). Eine diesbezügliche Hinweispflicht gegenüber dem Auszubildenden besteht nach Auffassung des BAG jedoch nicht. Auch dies muss erst recht für „normale“ Arbeitnehmer gelten.
Kündigung wegen Sitzstreik im Büro des Vorgesetzten
Ein Sitzstreik im Büro des Vorgesetzten zur Durchsetzung einer Gehaltserhöhung kann eine Kündigung rechtfertigen.
Die Klägerin war seit 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Zuletzt arbeitete sie als Abteilungsleiterin und war in dieser Funktion in die höchste tarifliche Entgeltgruppe eingruppiert. In mehreren Gesprächen verlangte die Klägerin, als außertarifliche Angestellte vergütet zu werden, was wiederholt abgelehnt wurde.
In einem weiteren Personalgespräch wies der Vorgesetzte erneut ihren Wunsch zurück und forderte die Klägerin zum Verlassen seines Dienstzimmers auf. Die Klägerin erklärte, sie „gehe erst“, wenn ihre Forderungen erfüllt seien. Daraufhin verließ der Vorgesetzte den Raum, während die Klägerin dort sitzen blieb. Weder ein Hinweis auf das Hausrecht, noch eine Fristsetzung zum Verlassen des Büros noch ein Vermittlungsversuch durch ihren Ehemann und den Betriebsrat waren erfolgreich. Auch die Drohung mit der Polizei und einer Kündigung konnte die Klägerin nicht umstimmen. Sie verließ erst nach drei Stunden und unter Polizeibegleitung den Betrieb. Am nächsten Tag äußerte die Klägerin per E-Mail gegenüber zahlreichen Mitarbeitern: „Wer solche Vorgesetzte hat, benötigt keine Feinde mehr“. Dabei ging sie auf ihr eigenes Verhalten nicht ein. Die Beklagte kündigte ihr fristlos, hilfsweise fristgemäß. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage.
Das LAG Schleswig-Holstein hielt nur die ordentliche Kündigung für wirksam. Zwar habe die Klägerin eine besonders schwere Pflichtverletzung begangen. Unter Abwägung aller Umstände im Einzelfall, insbesondere wegen der langjährigen beanstandungsfreien Beschäftigung, sei jedoch eine außerordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt. Zu Lasten der Klägerin wertete das Gericht, dass sie sich beharrlich geweigert hatte, auf die Deeskalationsversuche einzugehen. Zudem habe sie das Geschehen in der versandten E-Mail bewusst lückenhaft dargestellt. Schließlich wiege die Pflichtverletzung in Anbetracht ihrer Vorbildfunktion als Vorgesetzte besonders schwer.
(LAG Schleswig-Holstein 06.05.2015 – 3 Sa 354/14)
Entwendung geringwertiger Sachen als Kündigungsgrund
Die Entwendung geringwertiger Sachen – hier: acht belegte Brötchen – kann grundsätzlich auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
Die Klägerin war seit 1991 als Krankenschwester in einem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus beschäftigt, zuletzt in der Notaufnahme. Sie war tarifvertraglich ordentlich unkündbar. Die Klägerin entnahm aus einem Kühlschrank acht belegte Brötchen, die von der Beklagten für externe Mitarbeiter, z.B. Rettungssanitäter, zur Verfügung gestellt worden waren. Die Brötchen wurden von der Klägerin und Kolleginnen aus ihrer Schicht verzehrt.
In einer Anhörung räumte die Klägerin die Vorwürfe ein und zeigte Reue. Die Beklagte erklärte sodann eine außerordentliche und fristlose Kündigung, hilfsweise eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Daraufhin erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht Hamburg gab der Klage statt. Das Arbeitsverhältnis habe weder aufgrund der außerordentlichen fristlosen noch aufgrund der außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist geendet.
Zwar habe die Klägerin durch die Wegnahme und den Verzehr der Brötchenhälften ohne vorherige Genehmigung in schwerwiegender Weise gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Eine solche Pflichtverletzung könne auch für eine außerordentliche Kündigung ausreichen. Dabei sei der Wert der Brötchen nicht ausschlaggebend. Nach der notwendigen Interessenabwägung im Einzelfall sei eine Kündigung aber gleichwohl nicht gerechtfertigt. Eine Abmahnung wäre nach der Überzeugung der Kammer ausreichend gewesen, um das zerstörte Vertrauen wieder herzustellen. Sie wertete zu Gunsten der Klägerin, dass diese den Vertragsverstoß nicht heimlich begangen hatte. Zudem habe sie nicht versucht, das Geschehen zu vertuschen, sondern in der Anhörung freimütig zugegeben, einen Fehler gemacht zu haben. Außerdem habe sie nicht nur ihren eigenen Vorteil, sondern auch das Wohlergehen ihrer Kolleginnen im Blick gehabt. Es sei ihr darum gegangen, die Einsatzbereitschaft ihrer Schicht aufrechtzuerhalten. Schließlich habe seit 23 Jahren ein beanstandungsfreies Beschäftigungsverhältnis bestanden.
(ArbG Hamburg 01.07.2015 – 27 Ca 87/15)
Tipp für die Praxis:
- Das Arbeitsgericht Hamburg stellt wie auch schon jüngst das LAG Mecklenburg-Vorpommern (27.01.2015 – 2 Sa 170/14) klar, dass gegen das Eigentum des Arbeitgebers gerichtete Handlungen im Grundsatz auch dann einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen können, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder sie zu einem nur geringfügigen oder gar keinem Schaden führt. Letztlich ist dies aber immer eine Frage der Interessenabwägung, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Verhaltens des Mitarbeiters nach der Tat. Gerade bei geringwertigen Sachen geht die Interessenabwägung häufig zu Gunsten des Mitarbeiters aus – so auch in diesem und dem vom LAG Mecklenburg-Vorpommern entschiedenen Fall. Dem Arbeitgeber muss in derartigen Fällen bewusst sein, dass eine Kündigung mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden ist.
Kündigung wegen der Nutzung dienstlicher Ressourcen zur Herstellung von Raubkopien
Kopiert ein Arbeitnehmer privat beschaffte Bild- oder Tonträger während der Arbeitszeit unter Verwendung seines dienstlichen Computers unbefugt zum privaten Gebrauch auf dienstliche DVD- bzw. CD-Rohlinge, so liegt darin eine Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.
Zwischen den Parteien bestand seit 1992 ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger nahm bei dem beklagten Land die Funktion eines „IT-Verantwortlichen“ wahr und war u.a. für die Bestellung von für die Datenverarbeitung benötigtem Zubehör – wie DVD- und CD-Rohlinge – zuständig. Bei einer Überprüfung wurden auf dem Rechner des Klägers mehr als 6.400 E-Book-, Bild-, Audio- und Videodateien gefunden. Ferner wurde festgestellt, dass über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren insgesamt über 1.100 DVDs bearbeitet und im gleichen Zeitraum etwa gleich viele Rohlinge bestellt und geliefert worden waren.
Der Kläger gab im Verlauf der Ermittlungen zu, er habe „alles, was auf dem Rechner sei, gemacht“. Außerdem habe er für andere Mitarbeiter „natürlich auch kopiert“. Später nahm er diese Äußerungen zurück. Das beklagte Land erklärte die außerordentliche, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Vorinstanzen gaben der Kündigungsschutzklage des Klägers statt. Das LAG Sachsen-Anhalt hielt die Kündigungen schon deshalb für unwirksam, weil nicht klar sei, welchen Tatbeitrag der Kläger und welchen andere Mitarbeiter geleistet hätten. Die Revision des beklagten Landes hatte jedoch Erfolg.
Das BAG stellte klar, dass eine fristlose Kündigung auch dann in Betracht komme, wenn der Kläger nicht alle Handlungen selbst vorgenommen, sondern zum Teil mit anderen Beschäftigten zusammengewirkt bzw. diesen die Herstellung von „Raubkopien“ bewusst ermöglicht habe. Für die Kündigung komme es zudem nicht auf die Frage von Urheberrechtsverstößen an. Auch habe der Kläger nicht davon ausgehen dürfen, das Erstellen von Raubkopien auf dem Dienstrechner sei ihm erlaubt gewesen. Dies gilt nach dem BAG unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer im Einzelfall gestattet ist, einen Dienstrechner für bestimmte andere private Zwecke zu nutzen. Schließlich sei auch unerheblich, welche Maßnahmen das beklagte Land gegenüber den anderen Bediensteten ergriffen habe, da der Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen verhaltensbedingter Kündigungen grundsätzlich keine Anwendung finde.
(BAG 16.07.2015 – 2 AZR 85/15)
Tipp für die Praxis:
- Die Erlaubnis, einen dienstlichen Rechner für bestimmte private Zwecke (etwa private Internetnutzung) zu verwenden, bedeutet für Mitarbeiter keinen Freibrief zur auch anderweitigen privaten Nutzung. Generell raten wir, im Betrieb eindeutig zu regeln, ob und ggf. für welche privaten Zwecke derartige Betriebsmittel, insbesondere der Internetzugang, genutzt werden dürfen. Anderenfalls bestehen häufig nur eingeschränkte Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten.
Altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb
Eine altersdiskriminierende Kündigung ist auch dann rechtlich unwirksam, wenn es sich um einen Kleinbetrieb handelt, auf den das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist.
Die 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis als Arzthelferin beschäftigt, zuletzt im Labor. Insgesamt waren noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen in der Praxis tätig. Der Klägerin wurde im Mai 2013 gekündigt unter Verweis auf Veränderungen im Laborbereich, die eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Die Kündigungserklärung enthielt dabei folgende Formulierung: „Inzwischen bist du pensionsberechtigt und auch für uns beginnt ein neuer Lebensabschnitt in der Praxis.“
Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage und verlangte außerdem eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Die Beklagte vertrat die Auffassung, die Kündigung habe lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden sollen. Die Kündigung sei wegen des Wegfalls von Laborarbeit erfolgt. Der Klägerin sei anstelle der anderen Arbeitnehmerinnen gekündigt worden, da sie geringer qualifiziert sei.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Das BAG hielt die Kündigung hingegen für unwirksam, da sie gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstoße. Die in dem Kündigungsschreiben enthaltene Formulierung stelle ein Indiz für einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot dar. Die Beklagte hätte die hieraus entstandene Vermutung einer Altersdiskriminierung widerlegen müssen, was ihr jedoch nicht gelungen sei. Bezüglich des Bestehens eines etwaigen Entschädigungsanspruchs traf das BAG keine Entscheidung in der Sache, sondern verwies an das LAG zurück.
(BAG 23.07.2015 – 6 AZR 457/14)
Tipp für die Praxis:
- Wir raten dringend dazu, im Zusammenhang mit Kündigungen – ebenso wie bei Einstellungen – jegliche Äußerung zu unterlassen, die sich auf eines der im AGG geschützten persönlichen Merkmale („Rasse“, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identität) bezieht. Die Indizwirkung derartiger Äußerungen ist in der Praxis kaum zu widerlegen.